Von Boni, Tantiemen und Zielvereinbarungen

Mit den Erfahrungen aus der Banken- und Weltwirtschaftskrise sollten wir uns dringend von diesen Instrumenten zur vermeintlichen Leistungssteigerung trennen. Wir müssen wieder in Dimensionen denken und planen, die stärker auf Langfristigkeit und Nachhaltigkeit ausgerichtet sind.

 

Fast unvorstellbar: Deutschland wurde nach dem Ende des zweiten Weltkrieges ganz ohne Zielvereinbarungen, Boni und Tantiemen aufgebaut! Was ebenso nachdenklich stimmt: Viele Menschen bringen Energie, Zeit und Gedankengut in sog. Non- Profit- Organisationen ein. Unentgeltlich. Oft wird sogar noch Geld draufgelegt für Telefonie, PKW-Kosten, usw.

 

Bei der Betrachtung dieser (Un-) Kultur drängen sich Fragen auf.

 

Weshalb sollen eigentlich manche Mitarbeiter sehr stark, manche nur ein bisschen und die Mehrheit gar nicht am Unternehmensertrag (und im Prinzip auch nicht an der Verantwortung) beteiligt werden?

 

Wer ist in der Lage objektive, nachhaltige Ziele festzulegen? Wer ist in der Lage, diese monetär objektiv zu bewerten?

 

Manchmal stellt sich doch die Frage, hat ein Unternehmen trotz oder wegen dieses Managers/ Mitarbeiters dieses oder jenes Ergebnis erreicht?

 

Wer gewährleistet, dass die vielen Zielvereinbarungen der einzelnen Organisationseinheiten oder Personen sich nicht gegenseitig widersprechen oder behindern?

 

Machen es sich Berater, Unternehmer und Führungskräfte vielleicht zu einfach, indem sie nach dem Prinzip handeln, Leistung gegen Geld. Ende der Führungsfantasie?

 

Belohnungen und Geldgnadentum fördern das Wir-Gefühl sicher nicht! Im Gegenteil. Sie schaffen Neid und Konkurrenz, weil jeder auf seine persönlichen Ziele fixiert ist. Oder, wie verfahren wir, wenn die einmal am Jahresanfang vereinbarte Zielvereinbarungen unterwegs durch noch aktuellere Themen überholt werden? Da gibt es nur eines: Vereinbarte Ziele wollen - des Geldes wegen - erreicht werden. Die Restkapazitäten verbleiben für die (u.U.) aktuellen Themen.

 

Hat schon mal jemand hinterfragt, ob der Aufwand für die Auswahl, Beschreibung, Abgrenzung und Verifizierung dieser Vereinbarungen in einem gesunden Verhältnis zum Nutzen steht. Sicher würde, durch Verzicht auf diese Pseudo-Leistungsbeurteilung, ein nennenswerter Umfang an Ressourcen eingespart, bzw. für andere Zwecke eingesetzt werden können.

 

Aus oben genannten Gründen ist es schon sehr zweifelhaft, ob mit dieser Methode echte und dauerhafte Motivation und Leistungssteigerung erreicht wird. Den individuellen und vielschichtigen Veranlagungen des einzelnen Mitarbeiters und Menschen und damit seinem Potential wird sie jedenfalls nicht gerecht.

 

Wenn diese Belohnungssysteme zweifelhaft sind, wie erreichen wir dann Motivation, Leistungsbereitschaft und Innovation unserer Mitarbeiter?

 

Weiche Faktoren

Grundvoraussetzung und damit unabdingbar ist es die ganze Palette der sog. weichen Faktoren zu nutzen. Beispiele:

 

Eine offene Kommunikationskultur

Vorgesetzte müssen ihre Mitarbeiter kennen, ihre Stärken, Schwächen. Auch die wesentlichen persönlichen Lebensumstände. Mitarbeiter wollen wertgeschätzt werden.

 

Anstelle von Beurteilungsgesprächen werden Mitarbeitergespräche geführt. Das sind zweierlei Dinge. Bei Mitarbeitergesprächen geht es nicht um eine einseitige Beurteilung, sondern u.a. auch darum: Wie ist das Klima und die Zusammenarbeit in unserer Organisationseinheit, was tragen wir beide, also Vorgesetzter und Mitarbeiter, dazu bei?

 

Gibt es Weiterbildung in Themenfelder wie Team-und Projektmanagement oder Kommunikationstraining? Die Mitarbeiter haben alles Mögliche gelernt. In der Regel aber nicht, wie Kommunikation und Zusammenarbeit erfolgreich gestaltet wird. Ganz zu schweigen von Ansätzen wie: Wie wirke ich auf andere? Stimmt mein Selbstbild mit dem Fremdbild, also dem Bild das andere von mir wahrnehmen, überein?

 

Vertrauen statt Kontrolle

Querdenken fördern – nicht unterbinden. Die Verschiedenartigkeit der Mitarbeiter als Wert erkennen. Oft sollen Mitarbeiter auf (meine) Spur gebracht werden. Wer also angepasst ist und meinen Vorstellungen (und Dogmen) entspricht wird dafür belohnt. Querdenker (= Quertreiber) stören, weil sie unbequem sind, mich heraus fordern. Aber - Querdenken muss gefördert werden.

 

 

Fehlerkultur

Fehler kommunizieren, nicht vertuschen, aus Fehlern lernen. Das Leben besteht aus Gelingen und Nichtgelingen.

 

 

Lob und Tadel

Lob und Tadel nur unter vier Augen. Weshalb? Ganz einfach deshalb: Wenn in einer Gruppe nur eine Person gelobt wird, dann fühlen sich die anderen zurückgesetzt. Möglicherweise haben andere Gruppenmitglieder an anderer Stelle, aber etwas mehr im Hintergrund, ebenfalls wertvolle Arbeit geleistet. Tadel in der Gruppe ist noch verheerender und noch etwas komplizierter: Wer vorgeführt wird, wer am Pranger steht, bei dieser Person werden zwei Reaktionen erzeugt. Erstens: Das ist peinlich, das soll mir nicht noch mal passieren. Und zweitens: Die Natur sucht den Ausgleich. Es besteht das Bedürfnis nach Heimzahlen. Tritt Fall eins ein, züchte ich damit angepasste Mitarbeiter, die nicht das Notwendige, sondern das Gewünschte tun. Kommt die zweite Reaktion zur Geltung, bedeutet das Kampf und Konflikte. Beides vergeudet unnötig Energie und ist destruktiv.

 

 

Zum Kern der Sache: Wie entlohnen?

Vorweg: Insbesondere bei Angestellten, Projektleitern oder Teammitgliedern gilt:

Nur der grobe Rahmen des Aufgabengebietes soll abgesteckt sein. Stellenbeschreibungen sind, genauso wie Zielvereinbarungen, Boni und Tantiemen, überflüssig. In unserer dynamischen Arbeitswelt brauchen wir dynamische Systeme, kurze Wege, eine transparente offene Kommunikation. Was gestern noch galt muss heute nicht mehr richtig sein. Es spricht im Ausnahmefall nichts dagegen eine besondere Leistung auch mal im Nachhinein mit Geld zu honorieren. Dafür brauchen wir aber Vorgesetzte, Strukturen und Größenordnungen, die eine solche Wertschätzung im Nachhinein zulassen. Hier spielen neben der sichtbaren Leistung auch die Leistungsfähigkeit, die Leistungsbereitschaft und vor allem auch die Leistungsmöglichkeit eine wichtige Rolle. Aber es von vorneherein nur für Geld zu tun – davon sollten wir wegkommen.

 

Mitarbeiter brauchen eine adäquate Entlohnung. Mitarbeiter brauchen eine gerechte Entlohnung. Wie viel ist das? Wie wir oben gesehen haben (siehe „Non Profit Organisationen“), arbeiten Menschen manchmal sogar unentgeltlich. Aber für einen ungerechten Lohn arbeiten sie ungerne und schlecht. Die Lösung dafür läuft ganz klar und einfach auf die Formel hinaus: Mitarbeiter zu Beteiligten machen. Jeden Tag sollten wir das Unternehmertum in Ihnen fördern. Sei es beim Kostenbewusstsein, beim Querdenken, beim Übertragen von Verantwortung, etc.

 

Bei der Entlohnung läuft das ebenso klar und einfach auf die Formel hinaus: Jeder erhält entsprechend seiner Qualifikation, Erfahrung und seines Engagements eine Basisentlohnung. Den Überschuss, den gemeinsam erwirtschafteten Ertrag teilen wir uns gerecht.

 

Josef Hipper

 

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